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Logbuch

Gemeinsam sanieren

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Die heutige Kolumne ist von Niklas Brandau:

Logbucheintrag 0.7

»Wie saniert eine Gruppe von Menschen denn eigentlich einen fast 140 Jahre alten Bahnhof und wuppt einen Eigenanteil im Gegenwert einer sechsstelligen Summe durch ehrenamtliche Arbeit?« Dass ich mir diese Frage einmal stelle, habe ich die längste Zeit meines Lebens nicht gedacht!

Ich bin Bauer und Sozialarbeiter, recht viel in der Welt rumgekommen und immer neugierig auf Orte, an denen Menschen interessante und neue Arten des Miteinander ausprobieren.
Vor ca. 8 Jahren kam ich eher durch Zufall das erste mal nach Wuppertal und ebenso zufällig entdeckte ich am ersten Abend beim Spaziergang dieses wunderschöne, aber auch recht runtergekommene alte Bahnhofsgebäude samt der benachbarten ehemaligen Gepäckabfertigung. Mein erster Gedanke war: »Wow, da könnte man was richtiges cooles draus machen!«. Durch, ich will es mal »glückliche Fügung« nennen, lernte ich ein paar Wochen später die Initiator:innen der Utopiastadt kennen. Sie hatten sich den Bahnhof ausgesucht, um dort gemeinsam mit anderen Menschen Utopien zu entwickeln und zu verwirklichen. Eine der Utopien war es damals schon, die denkmalgeschützten Gebäude zu sanieren.

Seit ca. 2 Jahren tun wir es! Wir sanieren endlich das Hauptgebäude! Und das geht so: Jeden Samstag, aber auch an anderen Tagen, treffen sich engagierte und motivierte Menschen – die einen mit und andere ohne handwerkliche Erfahrung – nehmen Hammer, Säge, Bohrmaschine und ganz viel anderes Werkzeug in die Hand – manchmal welches, von dem sie vorher nicht mal wussten, dass es ein solches gibt – räumen Dinge von einer Ecke in die andere, schützen historische Dielen vor Bauschutt, reißen Betonböden raus, Wände ein und Dächer nieder, versuchen möglichst viel alte Substanz zu erhalten, renovieren historische Fenster und Türen, mauern, verlegen, verputzen und stemmen so unseren Anteil an einem sehr komplexen Förderprojekt.

Es funktioniert, ist anstrengend und macht ganz viel Spaß! Und das liegt an den Menschen, die mitmachen! Es ist ein wunderschönes Erlebnis, gemeinsam zu werkeln, voneinander zu lernen, neue Talente an sich zu entdecken und manchmal auch alte Ängste zu verlieren. Nein, es läuft nicht immer und ausschließlich harmonisch im Team, aber es findet sich fast immer ein Weg, den alle akzeptabel finden. Es ist ein Erlebnis zu sehen, wie wir dem alten Bahnhof ein neues Gesicht geben, ohne das alte zu verwischen.
All den Menschen, die sich an diesem Projekt beteiligen, möchte ich danken: für die vielen Stunden, die sie in ihrer Freizeit investieren, für ihr Durchhaltevermögen und für all die schönen Momente! Besonders möchte ich an dieser Stelle unseren Bundefreiwilligendienstler:innen, danken, die in diesen 2 Jahren selbst unter Pandemie-Einschränkungen das Orga-Team an so vielen Stellen unterstützt haben und ohne die vieles nicht so gut funktioniert hätte! Danke, Ihr seid toll! Und Ihr, geneigte Leser:innen, kommt doch samstags mal vorbei, schaut’s euch an – und macht einfach mit!


Erstveröffentlicht am 24.06.2021 in der Printausgabe der WZ:
https://www.wz.de/nrw/wuppertal/stadtteile/elberfeld/utopiastadt-kolumne-logbucheintrag-07-utopien-lassen-sich-verwirklichen_aid-60036587

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Neuigkeiten

Tooor!

Egal, wie die EM ausgeht – wir haben das schönste Tor gemacht!

Quelle und weiter Infos: bahnhofssanierung.de

Seit mehreren Jahren sanieren hier Menschen im Ehrenamt die ehemalige Gepäckabfertigung, um sie zu einem Maker-Space, einer Gemeinschaftswerkstatt fürs Quartier zu verwandeln. Und dabei schufen sie nun unter Anderem aus zwei völlig heruntergekommenen Schiebetoren dieses Prachtstück. Hier könnt Ihr sie in einigen Bildern dabei begleiten:

Quelle und weitere Infos: bahnhofssanierung.de
Quelle und weitere Infos: bahnhofssanierung.de
Quelle und weitere Infos: bahnhofssanierung.de
Quelle und weitere Infos: bahnhofssanierung.de
Quelle und weitere Infos: bahnhofssanierung.de
Quelle und weitere Infos: bahnhofssanierung.de
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Wer bist du?

Lokale Künstler:innen erzählen über Kunst und Rassismus
Filmrelease + Podiumsdiskussion

Samstag, 19.6.2021, 19:00 Uhr live auf Stew.one

In der 30-minütigen Dokumentation berichten Kulturschaffende aus Wuppertal und Umgebung von ihrer Kunst und ihren Rassismuserfahrungen. Empowernde Geschichten über ihren Umgang mit Rassismus sollen anderen Betroffenen Mut machen und gleichzeitig Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft sensibilisieren.

Im Anschluss findet eine Podiumsdiskussion mit Gäst:innen aus dem Film statt:
Akkani (Musik)
beARTrich (Malerei)
Ekila (Mosisa Fashion)
Joshua C. Ikpegbu (Co-Produktion)
Moderation: Meieli Borowsky

Zudem freuen wir uns über den musikalischen Act mit Akanni.

Der Film wurde initiiert von dem Netzwerk Community & Solidarity (Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz, UTOPIASTADT, POWER of COLOR, KiTma e.V., ADDE e. V. – Allianz für Diversität, Dialog und Empowerment) und produziert von der WUPPERwerft.

Die Präsenzveranstaltung findet am 28. Juli 2021 um 21 Uhr bei Talflimmern, Alte Feuerwache, Gathe 6, 42107 Wuppertal, statt.

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Neuigkeiten

24 h Dauermahnwache

Am 19./20.Juni 2021 mach die Seebrücke Wuppertal Utopiastadt zum temporären Gedenkort für die Menschen, die bei der Flucht ihr Leben verloren.

Die Aktion

24 Stunden lang werden Namen von Menschen verlesen, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind. Tagsüber werden ergänzend dazu im halbstündigen Wechsel Texte von Geflüchteten und Erfahrungsberichte aus der Seenotrettung und der Flüchtlingsarbeit an den EU-Außengrenzen zu hören sein.

Draußen gibt es tagsüber einen Infostand der Seebrücke und die Möglichkeit, Kerzen für die Verstorbenen aufzustellen.

Die Lesung wird per Internet auf den Youtube-Kanal der Seebrücke und auf Stew.one gestreamt und vor Ort nach draußen übertragen.

Die Dauermahnwache wird eingeleitet mit einem Gespräch mit Dr. Achim Stein, der als Wuppertaler Arzt von seinem Einsatz in der Seenotrettung berichtet.

Die Mitleser:innen kommen vom Tanztheater Wuppertal, vom TalTonTheater, vom Verein für die Förderung der Städtepartnerschaft Wuppertal – Matagalpa / Nicaragua, aus der Flüchtlingsberatung, von der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule, vom Infobüro Nicaragua, von Partei und Ratsfraktionen der Linken und der B90/Grünen, von Tacheles und Mampferando, von Amnesty International.

Es wirken mit eigenen Beiträgen mit die Autorin Christiane Gibiec für den Verband deutscher Schriftsteller und die Autorenvereinigung im Tal, der Musiker und Komponist Uli Klan, Vorsitzender Internationale Armin T. Wegner Gesellschaft, Olaf Reitz, Sprache, Schauspiel, Regie, Intervention und engagierte Wuppertaler:innen und natürlich Mitglieder der Seebrücke Wuppertal.

Das Programm

Hier gelangt ihr direkt zum Programm-PDF. 
Bitte beachtet dass während der Veranstaltung Themen wie Flucht, Tod, Rassismus und Gewalt angesprochen werden. 
Ihr findet in unserem Programm jeweils explizite Trigger-Warnungen. 
Bitte achtet auf euch und euer Umfeld. 

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Logbuch

Fienchen, E-Mil & Pina

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Die heutige Kolumne ist von Christoph Grothe:

Logbucheintrag 0.6

Es ist Mitte Mai, doch es fühlt sich an wie Ende März. Zusammen mit meinen Fienchen-Mitstreiter:innen Kirsten, Christoph und Pascal stehe ich auf der Hauptstraße in Cronenberg. Der Grund für unseren Ausflug in den südlichen Stadtteil war Martin. Martin ist das neueste Mitglied im Pina & E-Mil-Verleihteam und wird ab sofort einen E-Mil beherbergen.

Pina? E-Mil? Fienchen? Die Rede ist natürlich von der großen Flotte an freien Lastenrädern und Pedelecs, die in Wuppertal durch ehrenamtliche Fahrradbegeisterte kostenfrei an Wuppertaler:innen ausgeliehen werden. Fienchen ist unser ältestes Rad und hat mit Fienchen II und Fienchen III noch zwei weitere Geschwister. Diese Räder sind entweder mit einer großen Box, einer Multifunktionsladefläche mit Kindersitz oder einer besonders großen Ladefläche für zwei Kinder ausgestattet. Pina und E-Mil sind bereits seit 2019 im Fienchen-System, seit Jahresbeginn gehören diese Räder auch Utopiastadt. Pina ist ein Pedelec mit kleiner Transportbox, mit E-Mil können auch größere Lasten transportiert werden. Jeweils sechs Pinas und E-Mils sind Teil der Flotte. Finanziert wird das System durch die Spenden der Nutzer. Eine Ausleihgebühr fällt nicht an, somit hat jede:r einen niedrigschwelligen Zugang zu unseren Fahrrädern. Bis zu drei Tage am Stück kann ein solches Fahrrad genutzt werden. Die ingesamt 15 Räder können auf der Webseite www.fienchen-wuppertal.de gebucht werden. Dort sind auch die Stationen im gesamten Stadtgebiet zu finden. Einfach registrieren, Rad buchen und einen Abholtermin vereinbaren.

Es ist nun fast sechs Jahre her, dass wir mit Fienchen den Grundstein für das heutige System legten: Damals standen wir vor der großen Frage, ob wir überhaupt das erste Rad finanzieren könnten. Nachdem wir viele Fördergeber nach Unterstützung abgeklappert hatten, waren unsere letzte Hoffnung die Wuppertaler Bürger:innen. Mit einem aus Köln geliehenen Lastenrad drehten wir auf der Nordbahntrasse ein Crowdfunding-Video und veranstalteten im November 2015 einen Kick-off-Event im Hutmacher. Zu unserer Überraschung war die Bürgerschaft Feuer und Flamme für unser damals noch kleines Projekt: Nach wenigen Wochen war das Rad finanziert. Jeder Schritt bis zum Verleihstart im April 2016 war ein kleines Event: Das Abholen des Rads beim Händler, das Aufbringen des Logos und natürlich Fienchens erste Critical Mass, auf der wir das Rad zu ersten Mal öffentlich zeigten. Seitdem ist alleine Fienchen knapp 500 Mal ausgeliehen worden und jeder Ausleihvorgang hat eine ganz eigene Geschichte und einen ganz eigenen Zweck. Dadurch ist inzwischen eine richtige Community rund um unsere Räder entstanden.

Und nun ist Martin auch Teil der Community und so stehen wir vor dem Zentrum Emmaus in Cronenberg und übergeben Martin einen E-Mil in seine Obhut. Einige Gäste und die eingeladenen Medienvertreter beäugen das Rad. Ab sofort kann also hier, wie an aktuell acht weiteren Stationen ein Lastenrad kostenlos ausgeliehen werden. Die Verkehrswende von unten geht weiter.


Erstveröffentlicht am 10.06.2021 in der Printausgabe der WZ: https://www.wz.de/nrw/wuppertal/logbuch-fahrraeder-stehen-in-wuppertal-kostenlos-zum-verleih-bereit_aid-59190371

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… das Ihr nicht ablehnen könnt

»ANGEBOT«, Ausstellung von David Friedrich in der Hebebühne.
https://www.instagram.com/david.friedrich.the.painter
Malerei, Zeichnung Installation

Eröffnung: Samstag, 12. Juni, 19 Uhr
Ausstellung: 12. – 27. Juni 2021

Öffnungszeiten: Samstags und Sonntags, 16 – 18 Uhr und nach Vereinbarung.
Alle Termine wegen Corona unter Vorbehalt. Bitte immer die tagesaktuelle Kommunikation in den Online-Medien beachten.

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Under (de)constrution

Das Netzwerk Community & Solidarity, ein offener Zusammenschluss von Wuppertaler Initiativen, Organisationen und Vereinen, zeigt in Kooperation mit Künstlerkollektiv ImpACT:

Under (de)constrution

Samstag, 5.6.2021, ab 16:30 Uhr LIVE auf https://stew.one

Glashaus

Diskriminierung umfasst nicht nur beabsichtigte und offensichtliche Diskriminierungsweisen. Daher möchten wir für affektive Abwehrreaktionen von nichtbetroffenen Menschen sensibilisieren, die in den unterschiedlichsten Facetten auftreten können – bspw. durch Verharmlosung, Ignorieren oder Relativieren. auch der Support von diskriminierenden und rassistischen Aussagen.

Zelt

Andererseits werden Menschen, die als nicht der Mehrheitsgesellschaft zugehörig angesehen werden, oft als hilflose Gruppe dargestellt und ihnen dabei ihre POWER abgesprochen. Aus diesem Grund werden Stimmen von POC durch Kunst und künstlerische Darbietungen vertreten sein.

Begehung Glaushaus und Zelt
Ausstellung von beARTrich und Sofia Kunze
African Fashion von Mosisa

Das Programm wird live auf https://stew.one auf Kanal 2 übertragen:

Freitag
16:30 Uhr virtuelle Begehung Glashaus und Zelt

Samstag
16:30 Uhr virtuelle Begehung Glashaus und Zelt
17:00 Uhr Livemusikperformance mit Oliv Era
17:30 Uhr Podiumsdiskussion zu Beuys
Moderation: Nina Bramkamp
Gäste*innen: Bodo Berheide, Meieli Borowsky, Joshua Chima Ikpegbu, u.a.

Öffnungszeiten der Ausstellung vor Ort:

Freitag von 15:00 Uhr bis 16:30 Uhr und von 17:00 Uhr bis 20:00 Uhr
Samstag von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr und von 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr

Der Eingang befindet sich direkt neben dem Testzentrum.

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Registriere Deine Freiheit

Freiheit! Ordnung! Registrierung!

Foto: Wolf Sondermann

Im Rahmen des Wuppertaler Performance-Festivals öffnet Utopiastadt die Registrierungsstelle für Handhabbare Freiheit (RhF): → Registrierungsstelle für handhabbare Freiheit

Bring auch Du Deine Freiheit zu Papier und lasse sie ordentlich registrieren. Die RhF ist auf dem Bahnsteig am Bahnhof Mirke geöffnet:

  • Donnerstag 3.6.2021, 16-20 Uhr
  • Freitag 4.6.2021, 16-20 Uhr
  • Samstag 5.6.2021 16-20 Uhr

Sei so frei, komm vorbei!

Live-Berichte aus der RhF gibt es im Rahmen des Festival-Streams auf https://stew.one


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9. Stadtentwicklungssalon

Werkzeuge einer aktiven Bodenpolitik und Kooperationserfahrungen

Mi. 19.5.21, 19:00 Uhr, auf stew.one

Foto: Wolf Sondermann

Die Auftaktveranstaltung für die diesjährige Veranstaltungsreihe des Forum:Mirke zur gemeinwohlorientierten Flächenentwicklung fand im März statt. Der Ausgangspunkt war der Utopiastadt-Campus als Beispiel einer unkonventionellen, kooperativen Flächensicherung für experimentelle und nachhaltige Stadtentwicklung. Ein wichtiges Instrument auf dem Weg war dabei der Utopiastadt-Campus-Flächenentwicklungsbeirat. In der zweiten Veranstaltung der Reihe beleuchtet der Stadtentwicklungssalon weitere Werkzeuge, mit denen Kommunen – im Zusammenspiel mit lokalen Initiativen – Flächen und Gebäude für eine langfristige, gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung schützen und entwickeln können.

Wann, wo und wie?
Am Mittwoch, dem 19. Mai 2021 um 19 Uhr live auf stew.one.

Moderation:
Sascha Gajewski (STADTRAUM 5und4 & Netzwerk Immovielien)

Referent*innen:
Dr. Michael Zumpe (Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft »Haus zum Maulbeerbaum«, Neu-Isenburg)
Tobias Stroppel (Geschäftsführer der B-Side GmbH, Münster)

Diskutieren:
Stellen Sie Ihre Fragen online über das Portal »frag.jetzt«. (Raumcode: SES2)

Ein Graphic Recording dokumentiert die Veranstaltung begleitend.

Die gesammelten Werkzeuge und Erfahrungen werden in einer dritten Veranstaltung im Juli mit lokalen Vertreter:innen aus Politik und Verwaltung auf ihre Übertragbarkeit und Anwendbarkeit in Wuppertal diskutiert.
Das Forum:Mirke bedankt sich für die Unterstützung durch die Bezirksvertretung Elberfeld und den Projektpartner Baukultur Nordrhein-Westfalen e.V.

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Die Geister, die wir riefen

Seit März 2021 erscheint in der Reihe »Logbuch Utopiastadt« alle 14 Tage eine Kolumne aus Utopiastadt im Wuppertaler Lokalteil der Westdeutschen Zeitung. Und hier auf der Seite.

Die heutige Kolumne ist von Johannes Schmidt:

Logbucheintrag 0.5

Eine Utopie ist wahr geworden. Mitten in einer Großstadt stehen mehr als 40.000qm Stadtentwicklungsfläche für das Gemeinwohl zur Verfügung. Tausende Quadratmeter Freifläche direkt an der Nordbahntrasse werden von der Stadtgesellschaft für Festivals und Märkte, für Debatten und Wissenschaft, für Stadtgärten, als einfacher Treffpunkt in Pandemiezeiten oder als Hundeauslauffläche genutzt. Sogar der internationaler Bauwettbewerb Solar Decathlon Europe findet hier so unmittelbar in einem innerstädtisches Quartier statt, wie nie zuvor, und ermöglicht vor Ort die Auseinandersetzung mit dem Wohnen und Leben von morgen. Im Zuge dessen nutzt die Bergische Universität mit dem Publik e.V., der Alten Feuerwache und weiteren Partnern eine alte Glaserei um, mit Bildungsprogramm für Kinder und Jugendliche aus dem Quartier Mirke und einem zusätzlichen Gastronomie-Angebot. Historische Bahnhofsgebäude bieten Platz für unzählige Projekte, Werkstätten, Radverleih gegen Spende, Coworking-Spaces oder ein Café und werden von Ehrenamtlichen im laufenden Betrieb saniert.

Die Stadt blickt auf das Quartier Mirke. Die Republik schaut auf den Utopiastadt Campus.

Denn die Flächen um den alten Bahnhof Mirke, die Utopie von der ich rede, werden seit 10 Jahren von rund 200 Ehrenamtlichen stückweise gesichert, geöffnet und belebt.

Gesichert vor Kapitalspekulationen und vor unumsichtigen Bauvorhaben, die zu oft die Gemeinwohl-Entwicklung in Quartieren zum Negativen beeinflussen. Gesichert für die Stadtgesellschaft und das Quartier. Nun können wir in Kooperation einen internationalen Bauwettbewerb ins Quartier holen und zukunftsfähige Stadtentwicklung nicht nur diskutieren, sondern aktiv erproben. Dabei die vielfältigen Nutzungen, Bedarfe und Wünsche der unterschiedlichen Akteure auf und um den Utopiastadt Campus zu vernetzen und in sinnvollen Austausch zu bringen, ist eine riesige Herausforderung – und ein weiterer Grund für Utopiastadt, die Flächen zu sichern.

Das sind die Geister, die wir riefen. Natürlich wäre es einfacher, schneller und wirtschaftlich auskömmlicher, auf diesen Flächen Bürokomplexe und Wohneinheiten zu bauen. Doch ich bin davon überzeugt, dass der andauernde Gesellschaftskongress Utopiastadt mit seiner Strahlkraft zeigen kann, dass Mut, Ausdauer, harte Arbeit und strategische Tiefe eine gemeinwohlorientierte, kleinteilige und schließlich bessere Stadtentwicklung für Alle im Quartier ermöglichen.

Wenn dann eine Kundgebung am 1. Mai neben einer Filmaktion im Bauwagen, einem Spielcontainer mit fröhlich spielenden Kindern, einem Testzentrum, Gewerkschafts-Infoständen und einer Kaffeerösterei stattfindet, eine Zirkusfamilie 500m weiter Notunterkunft bezieht, ein Kunstverein seine alte Tankstelle in Stand setzt und dutzende Ehrenamtliche an der Bahnhofssanierung arbeiten, dann weiß ich als Flächenentwickler, dass die Geister, die wir riefen, gute Geister sind. Und mit diesen bauen alle gemeinsam eine Stadt: Wir bauen Utopiastadt.


Erstveröffentlicht am 13.05.2021 in der Printausgabe der WZ:
https://www.wz.de/nrw/wuppertal/stadtteile/elberfeld/die-geister-die-wir-riefen_aid-58109809